Nordischer Kombinierer Simon Hüttel beendet Sportlerkarriere

 

 

Simon Hüttel- ein noch junger Sportler

beendet seine eigene Leistungssportkarriere

Er startete immer für den WSV Weißenstadt, obwohl er weit herum kam. Er wohnte in Wunsiedel, Berchtesgaden und Oberstdorf. Seine ersten Sprünge im Fichtelgebirge machte er in Warmensteinach, die letzten in der Heimat, dann in Bischofsgrün.

Der Name Hüttel ist im nordischen Skisport eine Marke. Etabliert wurde sie von Opa Helmut, der schon im Skispringen aktiv war. Sohn Horst folgte als Nordisch Kombinierter in die Fußstapfen seines alten Herrn – wechselte nach seiner aktiven Laufbahn dann erst in die Trainer-, dann Funktionärsebene. Und auch Horst Hüttels Sohn Simon bleibt der Familienhistorie treu. Allerdings beendet er seine aktive Zeit als Sportler wesentlich eher, als der Papa. Jetzt, mit jungen 22 Jahren, steht für Simon Hüttel fest, die abgelaufene Wintersportsaison war seine letzte.

Eigentlich habe ich die ganze Saison mit dem Gedanken durchgezogen, dass ich definitiv weitermache. Mein Plan war immer so bis Richtung 30 Jahre aktiv zu bleiben“, geriet ­Hüttel gegen Ende der schwierigen Wettkampfzeit jedoch immer mehr ins Grübeln. „Letztendlich ist die Entscheidung gereift, dass ich mit dem aktiven Sport aufhören möchte. Ich sehe für mich nicht mehr den Weg ganz nach oben in die Weltspitze und für weniger will ich es nicht machen.“

Dabei hat Hüttel, wie eben noch im Trainingslager in Klingenthal, nach wie vor Freude am Sport, scheut die Entbehrungen nicht, die das intensive Training mit sich bringt und versteht es ebenfalls mit Rückschlägen umzugehen. So kämpfte er sich nach seiner Meniskus-Operation wieder zurück und blickt im Weltcup, in den letzten Jahren, auf eine stetig steigende Leistungskurve. Dennoch steht die Entscheidung weil der 22-Jährige sachlich und reflektiert mit sich selbst in die Analyse geht.

Im Jugendbereich lag Hüttels Stärke in der Nordischen Kombination vor allem im Skispringen. Ein weiterer Wachstumsschub im Alter von 18, 19 Jahren wirkte sich somit natürlich nicht gerade förderlich auf diese Teildisziplin aus. Allein durch seine jetzige Körpergröße von 1,90 entsteht ein Nachteil gegenüber kleinen, leichteren Springern. „Dazu ist im Laufen in den letzten Jahren nicht der Schritt gekommen, der das irgendwie kompensiert hätte. Ich sehe es nicht mehr, dass es für mich in die Weltspitze reicht. Ich wollte immer mal um Weltmeistertitel und olympische Medaillen mitkämpfen, habe für mich dann aber realisiert, dass dieses Ziel für mich nicht erreichbar ist“ stellt Hüttel diese Erkenntnis auch über den nach wie vor in ihm wohnenden, sportlichen Ehrgeiz. „Natürlich war da auch die Überlegung, noch einmal eine Saison ranzuhängen, mich wieder heranzukämpfen. Aber auch da war mir klar, dass es an der Gesamtsituation, dieses ultimative Ziel zu erreichen, nicht groß etwas ändern wird.“

Trotzdem gab es natürlich auch Highlights in der aktiven Zeit des Oberfranken – beispielsweise Team-Gold bei der Junioren-WM 2019 im finnischen Lahti. Als emotionalstes Ereignis erinnert sich Hüttel aber knapp zweieinhalb Jahre weiter zurück, an seinen zweiten Platz beim Continental Cup in den USA 2016. „Da waren Roland Schmidt und Günther Göllner dabei, meine ersten beiden Trainer, bei denen ich in Warmensteinach mit dem Skispringen angefangen habe. Dass diese beiden dann diesen Erfolg miterleben durften – den Augenblick, als ich im Ziel dann Roland in die Arme gefallen bin, werde ich nie vergessen.“

Bei seinen sportlichen Erfolgen kennt Hüttel aber auch die Kehrseite der Medaille. Gold in Lahti mit dem Team – im Einzel hatte er seinen prägendsten Dämpfer kassiert. Nach dem Springen auf Platz sechs liegend war er ganz schnell an die Spitzengruppe herangelaufen. Zur Hälfte des 5-Kilometer-Langlaufrennens fehlten nur noch sechs Sekunden auf Platz eins. „Und dann hat es mir komplett den Stecker gezogen, weil ich es zu schnell angegangen war. Am Ende kam ich dann zweieinhalb Minuten hinter dem Ersten ins Ziel“, nimmt Hüttel auch diese Erfahrung mit in den sportlichen Ruhestand?

Sein im letzten Frühjahr begonnenes Studium in angewandter Psychologie will er auf jeden Fall fortführen. Zusätzlich hat er aber auch noch einen anderen Job angenommen. „Ich bin jetzt Trainer an der Christophorusschule in Berchtesgaden, wo ich damals selbst auf dem Internat war und bin zeitgleich auch noch Trainer im deutschen C-Kader“, freut sich der angehende Übungsleiter, dass ihm die geliebte Nordische Kombination erhalten bleibt. „Das hat mir die Entscheidung aufzuhören ein Stück weit erleichtert. Es war schon immer mein Traum, nach der aktiven Zeit als Trainer zu arbeiten. Jetzt die Chance zu haben, das, was ich in den letzten Jahren mitbekommen habe, weitergeben zu können, das hat mich brutal gereizt.“

Nur wie reizvoll ist oder bleibt die Nordische Kombination überhaupt, jetzt wo die Streichung als olympische Disziplin diskutiert wird? „Bei den Überlegungen des IOC, die Damen nicht aufzunehmen, was dann ja auch die Streichung der Herren zur Folge hätte, läuft es mir schon kalt den Rücken runter. Ich kann da nur hoffen und beten, dass alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, da das Ruder noch herumzureißen. Alles andere wäre für die Kombination, gerade auch wegen der dann fehlenden Fördergelder vom Bund, ganz schwer zu verkraften“, bangt Hüttel Richtung IOC-Entscheidung am 24. Juni. „Bei so einer Traditionssportart kann ich es mir eigentlich nicht vorstellen. Andererseits haben sie bei den Sommerspielen auch mal Ringen rausgenommen – die olympische Sportart schlechthin.“

National sieht er die Sportart für die Zukunft gut gerüstet, auch wenn die Dominanz von einst, als Deutsche 20 von 23 möglichen Weltcupsiegen holten, zuletzt vom Norweger Jarl Magnus Riiber schon mehr als durchbrochen wurde. „Die Norweger schlafen auch nicht. Sie haben ja auch in anderen Ausdauersportarten wie Radfahren und Triathlon enorm aufgeholt, machen in Sachen Sportförderung da sicherlich einiges richtig“, will Hüttel den Konkurrenzkampf jetzt von der Trainerseite aus annehmen. „Die Kräfteverhältnisse haben sich in den letzten beiden Jahren, auch durch die Goldmedaille von Vinzenz Geiger bei Olympia, ja etwas normalisiert. Und ich hoffe, dass ich da auch weiterhin meinen Teil dazu beitragen kann.“

Karriere Hüttel Simon